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Walter Gropius am Staatlichen Bauhaus Dessau

Magazin

Klassiker im Porträt

Im Geist des Bauhaus folgten zahlreiche Designer bis in die 1940er Jahre dem Primat der Funktionalität. Nach einer Phase verspielter Form- und Farbgebung etablierten ab 1960 amerikanische und skandinavische Designer den Midcentury Style: Geradlinige und kombinierbare Möbel, die den Glaube an die Zukunft und unbegrenzte Lust am Experimentieren widerspiegeln.


Wegbereiter hinter den Kulissen

Wie kein zweiter hat Anton Lorenz für den Schutz der Urheberschaft am Kragstuhl gekämpft - damit ein attraktives Geschäftsmodell aufgebaut und nebenbei Rechtsgeschichte geschrieben.

Anton Lorenz im Porträt

1891 in Budapest geboren, lehrte Anton Lorenz zu Beginn seines Berufslebens Geographie und Geschichte. Der Liebe folgend zog er 1919 nach Leipzig, drei Jahre später siedelte Lorenz nach Berlin über. Aufbauend auf gemeinsamen ungarischen Wurzeln übernahm er 1927 die Geschäftsführung der Standard Möbel Lengyel & Co. - dem von Marcel Breuer und seinem Partner Kalmán Lengyel gegründeten Unternehmen zur Fertigung von Stahlrohrmöbeln. Nachdem Breuer seine Entwürfe 1928 veräußerte (einen Teil hiervon an Thonet), trat Lorenz von seinem Amt zurück und gründete Desta - die Deutsche Stahlrohrmöbel GmbH. Im Vorfeld hatte er mit Mart Stam einen Lizenzvertrag zur Fertigung des vom niederländischen Architekten entwickelten Kragstuhls geschlossen und verteidigte dessen Urheberschaft vor Gericht – zuallererst gegen Thonet. 1932 sprach das Reichsgericht in letzter Instanz Mart Stam die künstlerische Urheberschaft am hinterbeinlosen Stuhl zu, vor dem Gang nach Leipzig hatten beide Parrteien am Berliner Land- bzw. Kammergericht geklagt. Nach der juristischen Niederlage erwarb Thonet schrittweise Stams‘ Entwürfe, Lorenz baute parallel für das Unternehmen eine Abteilung namens „Gewerblicher Rechtsschutz“ auf und leitete diese bis 1935.

Wegweisende Urteile

Die Prozesse zwischen Lorenz und Thonet gelten unter Historikern als Meilensteine der Rechtsgeschichte, da nach diesen erstmalig einem Gestalter Eigentum an einer Form anstelle einer technischen Innovation zugesprochen wurde (siehe auch untenstehenden Beitrag „Der Vordenker“). Das Urteil wurde 1961 vom Bundesgerichtshof bestätigt. Den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erlebte Lorenz während einer Reise in die USA, er entschloss sich kurzum zum Verbleib und nahm 1949 nahm die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an. In den folgenden Jahren nutzte Lorenz sein in Europa erworbenes Wissen und entwickelte gemeinsam mit Peter Fletcher eine Reihe von Patenten zu Öffnungs-und Schliessmechanismen für Liegesessel, der Stratolounger gilt als bekanntester Entwurf des Duos. Anton Lorenz verstarb 1964 im Alter von 73 Jahren, er wurde in Greenwich (Connecticut, USA) beigesetzt.

Im Geist Lorenz‘ fertigt WEINBAUMS u.a. den Chaiselongue WB21 - ein zeitloser Entwurf mit Anleitungen aus der Epoche des Bauhaus und dem Midcentury Style.


Der Vordenker

Mart Stam gilt als Erfinder des hinterbeinlosen Stuhls. Seine wegweisenden Ideen prägten Generationen von Gestaltern, um deren Urheberschaft entbrannte ab 1930 ein erbitterter Streit.

Mart Stam im Porträt

Geboren 1899 in niederländischen Pumerend, zog es Stam bereits kurz nach dem Studium der Architektur in die Ferne. Nach einer ersten Station in Berlin (1922) siedelte er ein Jahr später in die Schweiz um. Dort arbeitete er u.a. mit El Lissitzky zusammen und gründete die Avantgardezeitschrift ABC.

Mitte der 1920er Jahre begann Stam mit Gasrohren zu experimentieren, aus denen er Stühle ohne Hinterbeine zusammensetzte. Diese simple, kostengünstige Konstruktion wurde später unter der Bezeichnung „Krag“ – überstehend – bekannt und prägte wie nur wenige Erfindungen den Verlauf der Designgeschichte.. Nach einer Einladung von Mies van der Rohe zur Teilnahme an der Werkbundausstellung „Die Wohnung" präsentierte Stam 1927 den heute als verschollen geltenden W1 erstmals der Öffentlichkeit (unten im Bild die Weiterentwickllung ST12). Im Vorfeld hatten sich beide – schon zu damaliger Zeit anerkannte – Persönlichkeiten über den Verzicht auf Stuhlhinterbeine ausgetauscht, van der Rohe stellte zeitgleich mit dem MR 20 einen erweiterten Entwurf vor. Im Gegensatz zu Stam’s recht starrer Stahlkonstruktion verfügte dieser über ein elastisches, schwingendes Gestell - ein Komfortelement, dem Stam in seiner Frühphase wenig Bedeutung beimaß. Der Freischwinger gilt somit als Variante des Kragstuhls, Mies van der Rohe als sein geistiger Vater.

Kragstuhl ST12 von Mart Stam als Weiterentwicklung des W1

Ab den 1930er Jahren wurden zahlreiche Prozesse um das geistige Eigentum am Kragstuhl gefürt, als treibende Kraft galt Anton Lorenz - Inhaber der Rechte an Stams‘ Entwürfen. In einem Prozess gegen Thonet sprach das Reichsgericht in Leipzig 1932 Mart Stam die künstlerische Urheberschaft am hinterbeinlosen Stuhl zu. Mies van der Rohe, der bereits 1926 für sein federndes Gestell ein Patent angemeldet hatte, verteidigte dieses vier Jahre später erfolgreich gegen Mauser, einem Hersteller von Stahlrohrmöbeln aus dem hessischen Korbach. Im Gegensatz zu Stam und van der Rohe wurde Marcel Breuers‘ Urheberschaftsanteil am Kragstuhl vor Gericht stets abgewiesen. Seine Impulse für die Industrialisierung des hinterbeinlosen Stuhls gelten unter Historikern jedoch als unstrittig (siehe auch untenstehenden Artikel „Modern seit 100 Jahren“).

Wanderer zwischen den Welten

Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Frankfurt am Main, wo Mart Stam u.a. die Hellerhofsiedlung als Beitrag zur Schaffung preiswerten Wohnraums entwarf, siedelte er mit seiner ersten Frau Lotte Stam-Beese 1930 in die Sowjetunion über und arbeitete dort als Stadtplaner. 1935 kehrte Stam in die Niederlande zurück und übernahm in der Folge die Leitung des Amsterdamer Instituts für Kunstgewerbeunterricht. Als Befürworter alternativer Gesellschaftsentwürfe zog er 1948 mit seiner zweiten Frau Olga Stam-Heller nach Dresden und leitete die Gründung der Akademie der bildenden Künste, zwei Jahre später wurde Stam zum Rektor der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee rnannt. Ernüchtert von der Wirklichkeit im real existierenden Sozialismus kehrte er Mitte der 1950er Jahre in seine Heimat zurück. Mart Stam verbrachte seinen Lebensabend in der Schweiz und verstarb 1986 in Goldach.

In der Tradition Stams‘ fertigt WEINBAUMS u.a. die Stuhlreihe WB1 - langlebige Sitzmöbel mit behutsam überarbeiteten Proportionen, hohem Komfort und zeitloser Formensprache.


Modern seit 100 Jahren

Ein Tag wie kein anderer: Als Walter Gropius am 12. April 1919 seine Arbeit als Direktor des Staatlichen Bauhauses aufnahm, legte er den Grundstein für eine Idee, der bis zum heutigen Tag Architekten, Bauherren und Designliebhaber auf aller Welt folgen.

Walter Gropius im Porträt

Zwei Umzüge, drei Direktoren und nur 14 Jahre Wirkungsgeschichte. Angesichts der Unmenge geschaffener Werke lassen de Fakten den Betrachter auch beim zweiten Blick ungäubig zurück. Eingebettet zwischen zwei Weltkriegen schaffte das Bauhaus binnen kurzer Zeit eine Vielzahl gestalterischer Prinzipien, denen auch 100 Jahre später weltweit noch Schüler, Studenten und Professoren folgen.

Stahlrohrmöbel? Günstig und einfach zu fertigen

Gropius‘ ursprünglicher Idee, das Kunsthandwerk in seiner Gesamtheit wiederzubeleben und unter ihm Architektur, Malerei und Bildhauereri zu vereinen, fühlten sich alle Lehrmeister verpflichtet. Es war jedoch Marcel Breuer, der nach einer 1920 in Weimar abgeschlossenen Lehre 5 sJahre später als Lehrer an das Bauhaus zurückkehrte und diese um eine wesentliche Komponente ergänzte: Produktideen sollten in Fertigungsverfahren überführt werden können, welche dank ihrer simplen Formensprache mit geringem Materialeinsatz in großen Mengen hergestellt werden konnten.

Marcel Breuer auf dem Wassily Chair

Das Experiementieren mit Stahlrohr war also der Ausgangspunkt seiner Überlegungen, der Verzicht auf Opulenz ergab sich zwangsläufig. Breuer reduzierte die Formensprache seiner Entwürfe auf das Nötige, um der Funktion zu genügen. Stücke wie der oben zu sehende B3 (ab den 1960er Jahren unter dem Namen Wassily Chair vermarktet) sollten einer großen Zahl potentieller Kunden zugänglich sein, ihre schlichte Eleganz wirkt bis heute modern. Die Fertigung seiner Entwürfe übernahm zunächst das von ihm mit einem Partner in Berlin gegründete Unternehmen Standard Möbel Lengyel & Co. 1928 veräußerte er einen Teil der Produktionsrechte an Thonet, der Wassily Chair wird heute von Knoll International gefertigt.

Im Rückblick der vergangenen 100 Jahre erscheint es als Ironie der Geschichte, dass die Entwürfe von Breuer auch heute noch weit weg vom Ort ihrer Entstehung gefertigt werden. Mit neo26 - unserer Kollektion zeitloser Bauhausmöbel - verbinden wir die Absicht, ein Stück Kulturgeschichte an seinen Ursprungsort zurückzuholen. Im Anschluss an die Markteinführung unserer Stuhl- und Sesselmodelle WB1 bis WB4 haben wir die Kollektion schrittweise um Chaiselongues, Barhocker und Sitzbänke erweitert.


Aus dem Aargau in die Welt

desede galt jahrzehntelang als Inbegriff einer Schweizer Instititution: solide, funktional, unaufgeregt. Da man diese Attribute um Kreativität und Pioniergeist zu ergänzen wusste, gelten die Entwürfe des an der Grenze zu Deutschland ansässigen Unternehmens bis heute als Meilensteine des Möbeldesigns.

Sofa DS-600 von desede im Studio 54 in New York

Nach durchwachsenen Jahren unter dem Dach eines Finanzinvestors und der Veräußerung an eine Gruppe lokaler Unternehmer konzentriert sich das Unternehmen seit 2012 wieder auf den Kern der Marke: handwerklich perfekter Möbelbau aus der Schweiz. Die Kundschaft wurde schrittweise um Wachstumsmärkte in Asien, Amerika und auf der arabsichen Halbinsel ergänzt, die Preissfindung orientiert sich an Herstellern von Luxusugütern.

It's the leather, stupid!

Dabei kommt dem Unternehmen sein über Jahrzehnte aufgebautes Portfolio und die Kompetenz im Umgang mit ausgefallenen Materialien zugute. Stücke wie DS47, ein mit Neckleder gepolstertes Sofa, haben auch unser Haus immer wieder begeistert und zu Weiterentwicklungen inspiriert. So fertigen wir seit 2021 Patchworkteppiche aus dem wohl exklusivsten aller Leder.

Derweil feiert desede das 50-jährige Jubiläum einer Ikone, die wahrlich (viele) Geschichte(n) schrieb: die Sofalandschaft DS-600. Das 1972 eingeführte, aus einzeln addierbaren Elementen bestehende, Möbelstück war Gegenstand unzähliger ästhetischer, kulturhistorischer und gar philosophischer Betrachtungen. Für die einen ist es ein funktionales, modulares Möbelstück, für andere symbolisiert es Anfang und Ende unserer Evolutionsgeschichte. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen.


Pioniere der Ergonomie

Seit Mitte der 1960er Jahre arbeiteten die italienischen Designer Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro eng zusammen, ihre Werke waren Gegentand zahlreicher Retrospektiven. Der Sacco, erstmalig 1968 der Öffentlichkeit vorgestellt, gilt als eine ihrer renommiertesten Arbeiten.

Gatti, Paolini und Teodoro vor dem Sitzsack Sacco

Ende der 1960er Jahre war Ergonomie der alles bestimmende Begriff. Einrichter und Designer begaben sich leidenschaftlich auf die Suche nach vollkommener Flexibilität ihrer Kreationen, so auch Gatti, Paolini und Teodoro. Ihr Ziel war die Schaffung eines unkonventionellen und doch für ein breites Publikum zugänglichen Sitzmöbels. Im Idealfall sollte das Stück seinen Besitzer an Schnee erinnern: „Man wirft sich hinein und hinterlässt einen Abdruck“.

Die Zahl anpassungsfähiger, sich in ihrer Form ändernder Möbel war in jenen Jahren überschaubar. So existierten zwar bereits Wasserbetten, jedoch mit unhandlichem Maßen und sehr hohem Gewicht. Die französische Gruppe Utopie experimentierte mit aufblasbaren Gummistrukturen, mit Hilfe derer Möbel recht einfach transportiert werden konnten. Jedoch entsprach die Ästhetik dieser Modelle nicht den Vorstellungen des Teams um Gatti. 1967 wurde dann der auf Luft basierende Sessel Blow von Italiens Einrichtungspionier Zanotta vorgestellt. Design, verwendete Materialien und Herstellverfahren waren revolutionär, der Sessel aufgrund seiner sehr harten Oberfläche jedoch recht unbequem. Daher wählten die drei Designer Schaumstoff als Grundlage ihres Sitzmöbels und experimentierten anfangs mit Blöcken aus Polyurethan; deren Beschaffung und Verarbeitung erwies sich jedoch als komplex und kostenintensiv. So konzentrierten sich Gatti, Paolini und Teodoro auf Füllungen in Form von Kugeln, das Team verwendete anfangs gar Ping-Pong-Bälle. Letztendlich fündig wurde Gatti in der Baustoffindustrie, dort setzte man schon längere Zeit Schaumstoffkügelchen zur Isolierung und Dämmung ein.

Entscheidender Impuls aus den USA

Nach Beendigung der Arbeiten beließen die drei Designer den ersten Prototyp zunächst im Depot – aufgrund ihrer Skepsis ob des kommerziellen Erfolgs eines solchen Sitzsacks. Nachdem jedoch ein amerikanisches Designmagazin um Bilder ihrer aktuellen Arbeiten bat, übermittelte das Team Ende 1967 auch ein Foto des Sacco. Kurze Zeit später meldete sich der italienische Repräsentant von Macy’s, der mächtigen Warenhauskette mit Sitz in New York. Produktscouts der Zentrale hatten den Sacco in besagtem Magazin entdeckt, nun wär man „an etwa 10.000 Exemplaren“ interessiert. Gatti erklärte, dass der Prototyp noch weiter modifiziert werden muss und ein Produktionsstart nicht abzusehen sei. Informationen zu Preisen und Lieferfristen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfügbar.

Das Angebot über die Abnahme von 10.000 Exemplaren erleichterte dem Team die Kontaktaufnahme mit in Frage kommenden Produzenten. Schnell fiel die Wahl dabei auf Zanotta, die kurz zuvor mit oben erwähntem „Blow“ eines der wenigen vergleichbaren Möbelstücke der Öffentlichkeit vorgestellt hatten. In kurzer Zeit gelang es, die Inhaber vom Potential des Sacco zu überzeugen. Zanotta produzierte drei Prototypen und stellte diese erstmalig auf der Pariser Möbelmesse im Jahr 1968 aus. Der Rest der Geschichte ist. Der Sacco wurde vielfach prämiert und feierte 2018 sein 50-jähriges Bestehen. Zu Ehren dieses Jubiläums legte Zanotta eine limitierte Edition mit 50 exklusiven Modellen auf – mit so wohl klingenden Namen wie Bellissima und Il Casanova.


Eine Ikone wird 80

Kunst, Kultur, Kommerz: Seit über acht Jahrzehnten inspiriert der Hardoy Butterfly Chair Maler, Filmschaffende und die Kreativwirtschaft - und verleiht jedem Raum den Charme einer Estancia.

Sophia Loren am Strand von Cannes in einem Butterfly Chair

Wie kein zweites Objekt der klassischen Moderne vereint der Hardoy Chair puristische Eleganz mit aussergewöhnlichem Sitzkomfort. 1938 von den Architekten Bonet, Kurchan und Ferrari-Hardoy für ein argentinisches Planungsbüro entworfen (daher im amerikanischen Raum auch als BKF Chair bekannt), galt der Sessel bereits Ende der 1950er Jahre als Klassiker. Seine aus vier Kreuzungspunkten bestehende Struktur beruht auf dem vom britischen Industriellen Joseph Beverley Fenby im 19. Jahrhundert entworfenen Tripolina Chair. Dieser vereinte erstmals Leder und Holz mit Metall und sollte die Verschmelzung von Kunsthandwerk und industrieller Fertigung propagieren.

5 Millionen Kopien in einem Jahrzehnt

Im Rahmen des dritten Salon de Artistas Decoradores, einer Einrichtungsmesse in Buenos Aires, wurde der Hardoy Butterfly Chair 1940 erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt und bereits ein Jahr später in die ständige Kollektion des Museum of Modern Art (New York) aufgenommen. Kurze Zeit darauf erwarb Artek-Pascoe Lizenzrechte zur Produktion des Sessels in den USA und übertrug diese 1948 an Knoll Associates. Das mit der Herstellung durch namhafte Produzenten verbundene Renommee führte zu einem sprunghaften Anstieg nicht autorisierter Nachbauten, allein in den 1940er Jahren sollen über 5 Millionen Butterfly Chairs hergestellt worden sein.

Nach zahlreichen juristischen Auseinandersetzungen stellte Knoll die Produktion 1951 ein. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Butterfly Chair in regelmäßigen Abständen wiederaufgelegt – Anfang 2012 durch unser Haus.


Die Moderne im Blick

Jorge Ferrari-Hardoy zählt zu den bedeutendsten Architekten Argentiniens. Neben Stadtplanung und Wohnungsbau widmete er sich ab Mitte der 1930er Jahre auch der Konzeption zeitgemäßer Inneneinrichtung, der Butterfly Chair gilt als sein bekanntester Entwurf.

Jorge Ferrari-Hardoy im Porträt

Ferrari-Hardoy studierte bis 1937 an der Escuela de Arquitectura in Buenos Aires. Anschließend reiste er nach Europa und verbrachte mit seinem Studienkollegen Juan Kurchan einige Zeit in Paris. Inspiriert von Le Corbusier, der als Vertreter des Congres Internationaux d'Architecture Moderne (CIAM) ein besonderes Interesse an Lateinamerika besaß, wirkten beide am städtebaulichen Masterplan für Buenos Aires mit. Neben seiner Tätigkeit als Stadtplaner war Ferrari-Hardoy u.a. an den Regulierungsplänen von Mendoza und San Nicolás sowie 1944 an der Rekonstruktion der Stadt San Juan beteiligt. Von 1947 bis 1951 arbeitete er mit Jorge Vivanco, dem argentinischem Delegierten des CIAM. Zudem war Ferrari-Hardoy als Dozent an der Escuela Industrial in La Plata, der Escuela de Arquitectura y Urbanismo de la Universidad del Litoral und an der Universität von Buenos Aires tätig.

Jorge Ferrari-Hardoy gehört zur Generation argentinischer Architekten, die für die Ideen der Moderne eintraten. Als Gründungsmitglied der Architekturgruppe Austral setzte er gemeinsam mit Juan Kurchan und dem katalanischen Architekten Antoni Bonet die Arbeit der Komitees von CIAM und CIRPAC (Comité International pour la Résolution des Problèmes de l’Architecture Contemporaine) fort.

Ein Möbel im Geist von Le Corbusier

Austral entwickelte richtungweisende Projekte, diskutierte theoretische und praktische Aspekte zeitgenössischer Architektur, nahm an Ausstellungen, Wettbewerben und Kongressen teil. Zudem suchten die Mitglieder der Gruppe aktiv den Ideen- und Erfahrungsaustausch mit Architekten anderer Länder, gaben die Zeitschrift Nosotros ("Wir") heraus, organisierten Kulturveranstaltungen und bezogen Maler, Bildhauer, Musiker, Fotografen, Ärzte, Soziologen und Pädagogen in ihre Arbeiten ein. Ab 1937 wurde das Büro u.a. mit Planungen für eine Universitätsstadt auf dem Gelände des ehemaligen Hafens von Buenos Aires, Wohnbauten im sozial schwachen Südteil der Stadt und der Errichtung von Krankenhäusern, Sportstätten und Schulen im Umfeld der zentralen Avenida Corrientes beauftragt. Dabei legten Ferrari-Hardoy und Kollegen Wert auf die Verwendung zusammensetzbarer Industrieelemente und setzten geschwungene Glasflächen und Sonnenblenden ein, wie es die Ateliers (1938) an der Straßenkreuzung Suipacha und Paraguay beweisen. Ferrari-Hardoy arbeitete eng mit Juan Kurchan zusammen und entwickelte gemeinsam mit ihm von 1941 bis 1944 ein Wohnhaus im Hafenviertel Belgrano, das wegen eines in der Mitte des Komplexes eingepflanzten Baumes weit über die Landesgrenzen hinaus Berühmtheit erlangte. Gemeinsam mit Bonet und Kurchan entwarf Ferrari-Hardoy 1938 den BKF Chair, dessen Ursprungstitel sich aus den Anfangsbuchstaben seiner Schöpfer zusammensetzte und bis heute besser als Schmetterlingsstuhl, Butterfly Chair oder Fledermaussessel bekannt ist. Mit seiner aussergewöhnlichen Formgebung erlangte der Sessel schnell Bekanntheit und zählte bereits zwanzig Jahre später zu den Ikonen zeitgenössischen Designs.


Ein frühes Meisterwerk

Mit seinem skulpturalen Design, geringen Gewicht und hohen Sitzkomfort gilt der Tripolina der Vorläufer des Hardoy Butterfly Chairs. Einer breiteren Öffentlichkeit erstmals 1904 während einer Messe im US-amerikanischen Saint Louis vorgestellt, erfreute sich der Tripolina Chair im Anschluss rasch großer Beliebtheit.

Offizier im Fenby Tripolina Chair

Der Sessel und ein dazugehöriger Campinghocker wurden 1855 vom englischen Industriellen Joseph Beverly Fenby entwickelt und im Jahr 1877 durch das britische Patentamt urheberrechtlich geschützt (1881 in den Vereinigten Staaten). Die J. B. Fenby Co. fertigte zunächst den Tripolina, führte den Sessel jedoch nicht im Markt ein und meldete Ende 1879 Konkurs an. Nach der Vorstellung des Sessels in Saint Louis wurden das Design u.a. an französische und italienische Hersteller sowie an Gold Medal Inc. aus Wisconsin, USA, lizenziert. Gold Metal rüstete seinerzeit das US-amerikanische Militär aus und fertigte darüberhinaus Camping- und Gartenmöbel. Dank Gold Metal’s Vertriebsnetzes fand der Tripolina im Anschluss seinen Weg zu namhaften Einzelhändlern, u.a. Abercrombie and Fitch in New York. In Europa erlangte der Fenby Chair unter Offizieren, Safari- und Strandurlaubern rasche Beliebtheit. Neben der US-Armee und den britischen Streitkräften setzte vor allem auch das italienische Militär auf die Vielseitigkeit des Sessels, so u.a. in den 1930er Jahren während eines Feldzuges in Lybien. Der Name wurde vermutlich der lybischen Hauptstadt Tripolis entlehnt, heutzutage ist der Sessel weltweit als Tripolina Chair bekannt.

Flexible Handhabung, beispielloser Sitzkomfort, ikonisches Design

Die ursprüngliche Ausführung des Gestells wurde aus Holz und Metall gefertigt und um einem Sitzbezug aus Leinen oder Büffelleder ergänzt. Dank seines geringen Gewichts und hohen Sitzkomforts galt der Tripolina Chair als frühes Beispiel gestalterischer Exzellenz. Namhafte Nutzer wie Theodore Roosevelt, Thomas A. Edison und der Biologe Aldo Leopold wussten die flexible Handhabung des Sessels ebenso zu schätzen wie unzählige Offiziere, Safarijäger, Entdecker und Abenteurer weltweit.

WEINBAUMS hat den ursprünglichen Entwurf des Tripolina Chairs weiterentwickelt und setzt für dessen Bespannung nur vegetativ gegerbte Leder aus katalanischer Produktion ein. Für die Fertigung des Sessels verwenden wir Holz der patagonischen Kirsche, das Gestell ist klappbar und witterungsbeständig.